Yellen, Trump, die Zinsen und Dr. Merkel mittendrin.
Ein Krieg ohne Kriegserklärung besitzt 2 Schwierigkeiten. Man kann weder einen genauen Startzeitpunkt ausmachen, noch wird der Abschluss der Kampfhandlungen durch irgendeine Art von Zeremoniell begleitet. Die Gemeinsamkeit mit einem konventionellen Krieg ist: Der Unterlegene weiß selten wann Schluss ist.
Auch wenn die Metapher im ersten Moment verwirrend klingt, am kommenden Mittwoch den 15. März 2017 ist dieses sprachliche Bild, die wohl treffendste Realitätsbeschreibung, die sie aufstellen könnten. Während die Niederländer zur Wahlurne schreiten, endet in den Staaten das Moratorium der Schuldenobergrenze und gleichzeitig wird Fed-Chefin Janet Yellen über die US Zinssätze befinden.
Und wie durch Zufall empfängt einen Tag zuvor Präsident Trump Kanzlerin Merkel im Weißen Haus. Aber der Reihe nach.
Dass die Höhe des US Zinssatzes ein wesentlicher Faktor dafür ist, ob Trump seine Politik auch umsetzen wird können, davon haben sie wahrscheinlich schon gehört. Wenn diese Aussage die Wahrheit wäre, wäre es vielleicht die Hälfte oder noch etwas weniger davon. Sicherlich hat der Leitzins Auswirkung auf den Preis des US Dollars und damit zum Beispiel auf die Exportfähigkeit der Staaten. Nur wirkt Zins immer über die Zeit und da wird es dann schon komplizierter, heutige Auswirkungen mit denen in der Zukunft gleichzusetzen. Weiterhin spüren sie die Höhe des US Leitzinses auf dem gesamten Globus und nicht nur im US Raum. Der nächste Knackpunkt, die Federal Reserve kennt 4 Zinssätze an denen sie manipulieren kann. Und je nach dem, wie sie die Stellschrauben zu einander gewichtet, kommt am Ende etwas anderes dabei heraus.
Stellen sie sich das vereinfacht wie mit den Pedalen eines Autos vor. Wenn sie Kupplung und Gas gleichzeitig treten, werden sie keinen Vortrieb erzeugen. In der Zentralbankpraxis können sie das bei der EZB seit Sommer 2014 beobachten. Deren 3 Zins-Stellschrauben sind so geschickt zueinander gedreht, da brauchen sie keinen externen Währungskursmanipulator, ausser der Euro sollte mal kurzfristig steigen.
Wird Janet Yellen am Mittwoch den Leitzins anheben, wird es allgemein als Kampfansage gegen Donald Trump gewertet werden. Kurzfristig mag das evtl. stimmig sein, langfristig ist es aber genau der Schritt, den der neue Präsident, der US Dollar und damit die Weltwirtschaft dringend benötigen.
Hintergrund dieser waghalsigen Aussage: Das Problem der Weltleitwährung ist nicht der Zins und damit der Preis des Geldes, sondern das seit dem 01.01.2002 nichts Gewichtiges mehr existiert, gegen das der US Dollar bei Bedarf abwerten kann. Natürlich gibt es den Euro als zweitgrößten Währungsraum. Aber das ist nur ein Etikett. In der Praxis bedeutet es, dass ein Gigant wie die US Volkswirtschaft damit auch in Konkurrenz zu einer portugiesischen steht. Genauso gut könnten sie auch einen Vergleichskampf zwischen Aldi Süd und dem armenischen Kioskbetreiber an der Ecke ausrufen. So etwas muß auf Dauer ökonomisch schief gehen.
Was der Weltleitwährung fehlt, deren Wohlbefinden sich auf alle anderen Währungen und Volkswirtschaften niederschlägt, ist zum Beispiel eine harte DM und ein separater Franc als Gegenspieler. Ob diese Tatsache jedem Talkshow-Ökonom bewußt ist, wissen wir nicht, ein jeder Zentralbanker dieser Welt weiß es! Oder glauben sie, der immer noch nicht überwunden Zustand der Lehman-Krise, wäre eine Art Strafe Gottes an die Menschen?
Und genau hier kommt jetzt der Zinsentscheid vom Mittwoch ins Spiel. Eine gezielte Anhebung des US Leitzinses macht das Entstehen der alten US Dollar-Gegenspieler technisch möglich. Möglich in dem Sinne, dass sie zum Beispiel den Franc – so wie es Marine Le Pen gedenkt, wieder einführen könnten, ohne das sie gleichzeitig einen Totalausfall des Weltfinanzsystems riskieren.
Und genau das ist der Kern des nie erklärten Krieges, des World War of Finance.
Auch wenn sie diesen nur erkennen können, wenn sie sich tiefer mit globalem Finanzwesen und Volkswirtschaften beschäftigen, ist er dennoch ganz real.
Begonnen hat er wahrscheinlich irgendwann in 2006. Und seit 09.11.2016 ist er eigentlich beendet. Zahlreiche Schlachtfelder wurden in dieser Dekade eröffnet und wieder geschlossen. Die Bindung und Entbindung des Schweizer Frankens wäre zum Beispiel eine solche Episode. Wenn sie so wollen, hat die Politik hier ein neues Kampfmittel erwählt, um nicht mehr die eigene Bevölkerung in einer Blutpumpe opfern zu müssen. Finanzderivate statt Panzer, Trader-Großraumbüros statt Infanterie, passend getaktete Finanzmarkt Newsticker statt Befehle brüllende Generäle. Dodd-Frank und Banken-Regulierung als die neue Version einer Haager Landkriegsordnung.
Das interessante an dieser Art des 3. Weltkrieges, Einstein behält dennoch recht. Wären alle Waffengattungen des Finanzkrieges gespielt worden, hätten wir den 4. globalen Konflikt wieder mit Stein und Keule ausgefochten.
Ob die Dekade des World War of Finance nun endlich beigelegt werden kann, dafür wird dieser Mittwoch einen wesentlichen Anhaltspunkt liefern. Setzt Janet Yellen den Leitzins rauf, wäre es zumindest genau dafür ein Signal. Die Frage ist, ob die Fed-Chefin den vollzogenen Politikwechsel mitbekommen hat und wichtiger noch, ob sie sich ihm auch unterwirft.
Nun würde Janet Yellen an der Stelle entgegen halten, dass eine Notenbank eine vollkommen unpolitische Instanz ist. Solche Bekundungen der politischen Unabhängigkeit darf die weißhaarige Dame gerne ihrem italienischen Kollegen Draghi erzählen, während er ihr erklärt, dass die EZB keinen Einfluss auf den Euro-Wechselkurs ausübt. Mal sehen, wer hier wen zu erst auslacht.
Schreitet am Mittwoch die Fed-Chefin zur Tat, stünde eine Anhebung mit der politischen Wende im Einklang. Übt sie sich wieder nur in Durchhalte-Parolen, wäre es gleich einem gescheiterten General, der nicht weiß, wann die Schlacht verloren ist. Wie gut sich die Trump-Administration in der Welt der Zentralbanken auskennt, werden sie daran erkennen, ob das Weiße Haus eine Anhebung stillschweigend zur Kenntnis nimmt. Dieser notwendige Verständnisgewinn könnte am Tag zuvor auch durch die andere mächtigste Frau der Welt unterfüttert werden.
Sollten sie den USA-Besuch von Dr. Angela Merkel am 14. März für einen reinen Zufall halten, der in keinerlei Zusammenhang mit diesem wichtigen 15. März 2017 steht, dann nicken sie ruhig weiter, wenn es das nächste mal wieder heißt: Wir als Notenbank agieren politisch unabhängig.